Mittwoch, 4. April 2012

"Scherbentanz" von Chris Kraus

Inhalt:

Jesko Solm ist Mitte 30 und krank. Er hat Leukämie und braucht dringend eine Knochenmarkspende. Sein Vater Gebhard und sein Bruder Ansgar (auf keinen Fall Ansger aussprechen - das ist ihm sehr wichtig) kommen nicht in Frage. Seine Familie ist reich, im Betongeschäft sehr erfolgreich. Als klar ist, dass die Chemotherapie nichts gebracht hat, wird er in das Haus seines Vaters, die "Festung", eingeladen. Sie konnten Jeskos Mutter Käthe ausfindig machen, die einzige Verwandte, die noch nicht getestet wurde. Er hat sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen. Sie war schon immer etwas verrückt. Doch das steigerte sich schlagartig, als sie von Gebhard verlassen wurde.
Bis die Tests ausgewertet werden können, muss sie im sogenannten "Tantenhaus" untergebracht werden. Die Freundin von Ansgar (Simone - genannt: Zitrone) ist Krankenschwester und erklärte sich bereit, Käthe zu pflegen. Auch Jesko soll zusammen mit den beiden Frauen dort wohnen.

Stil:

Erzählt wird in der Ich-Form aus Jeskos Sicht immer im Wechsel zwischen Tragödie und Komödie. Es liest sich locker-leicht, obwohl die Themen sehr tiefgründig sind. Der Held ist ein Modedesigner, der seine Kleidung möglichst selbst näht. Dabei schwört er auf Herrenröcke, sehr zum Missfallen seines erfolgreichen Vaters. Wenn er jemanden nicht mag, sagt er es geradeaus. Er wirkt - gerade anfangs - sehr passiv und gelangweilt, was seine Rettung angeht. Obwohl er sagt, dass er natürlich gerne leben würde. Jeskos zynische Art ist einfach köstlich. Oft musste ich laut auflachen.

Fazit:

Einfach großartig. Eine interessante Familiensaga, die ohne viele Worte auskommt. Lediglich 200 Seiten fasst das Werk und die reichen auch völlig aus. Ich war wirklich überrascht, wie gut mir das Buch gefallen hat. Es lag ja schon eine ganze Weile bei mir rum... Von mir bekommt das Buch 5 von 5 Sternen.

Zitate nach dem Klick:

Ich glaube, Heimat kann eine ziemlich endlose Fläche sein, eine bösartige Wüste, durch die du stapfst, ohne jemals anzukommen. Heimat kann überall aufplatzen, egal wo du dich aufhältst. An den Schmerzen erkennst du, ob du zu Hause bist. Nicht am Türschild
Seite 10

"[...]Dein Vater sucht dich. Die Gäste wollen gehen." " Hat es sich schon rumgesprochen?" Sie wiegte ihren hübschen Kopf "Kaum. Die meisten reden über seinen Rock !"Es ist komisch, wenn einer über dich in der dritten Person spricht und dir dabei in die Augen schaut. "Dieser Rock ist ein Herrnrock", sagte ich einfach. "Ich glaube nicht mehr an Hosen. Hosen sind das Letzte. Außerdem habe ich gar keine mehr."
Seite 20

"Ich war mal mit einer Krankenschwester zusammen", meinte ich, "die tat immer so warmherzig. Aber immer wenn wir uns gestritten haben, hat sie wild um sich geschlagen. Sie hat versucht, meinen Kopf zu treffen, weil sie wusste, dass ich mal einen Schädelbasisbruch hatte." "Oh", sagte sie nur. "Ich hasse Krankenschwestern!" "Verstehe." "Ich näh dir bestimmt kein Brautkleid!"
Seite 21

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